Davos-Klosters – Trailmekka im Bündnerland
Die Schweiz: Land der Berge, der Seen, der Täler, des Geldes, des Käse und des Mountainbikens? Da in unserer Wahlheimat aufgrund von Restriktionen einem die Lust auf Mountainbiken abseits von Frostwegen schnell vergehen kann, ist die Schweiz mit ihrer liberalen Trailpolitik ein willkommener Gegenpol und wir nicht umsonst als Mekka aller Singletrail Jünger gehandelt.
Dem Ruf der Madonna del Ghisallo (Schutzpatronin der Fahrradfahrer) folgend, machten wir uns also nach einem langen Sommer am Meer auf, die letzten perfekten Herbsttage des Jahres für eine Pilgerreise in die Region Davos-Klosters zu nutzen. Denn wo sonst könnten wir unsere Absolution besser erhalten, als in der Region mit den meisten Singletrails der Schweiz.
Aber genug von mäßigen Religionsvergleichen und Stereotypen. Im Folgenden möchten wir euch einen Überblick über die Mountainbike Destination Davos-Klosters bieten und eins schon mal vorweg: Es lohnt sich!
Die Anreise
Strategisch nicht ganz optimal gelegen ist die Region für uns aus Innsbruck doch recht schnell zu erreichen. Dem Inn bis in die Schweiz folgend, dann immer weiter Richtung St. Moritz und bei Susch die Abzweigung über den Flüela-Pass nicht verpassen und nach rund 2,5 Stunden erreichet man Davos. Von München aus benötigt man ca. 3,5 Stunden über die Rheintal Autobahn und somit eignet sich die Region auch für alle Süddeutschen als Wochenendtrip.
Tag 1 – Auf eigene Faust
Wir starten unseren Trip an einem Oktober Freitag und nach einer passablen Fahrtzeit und erstem Trailscouting auf dem Flüela-Pass, suchen wir zunächst das Tourismusbüro auf, denn nach einer sehr spontanen Anfrage von unserer Seite war der TVB bereit uns zwei Hotelübernachtungen zu stellen, womit aber gleichzeitig auch die Biketickets für die Bergbahnen inkludiert sind. Mehr Informationen zu diesem sehr guten Angebot findet ihr aber am Ende des Artikels.
Da wir uns im Vorfeld bereits ein wenig bei unserer Freundin und Teamkollegin Franzi Meyer über mögliche Trailoptionen erkundigt hatten, bauen wir bei schönstem Wetter und für Oktober mehr als angenehmen Temperaturen unsere Räder zusammen und machen uns auf den Weg zur Parsennbahn.
Dort folgt zugleich die erste Irritation, denn das Liftpersonal ist ausgesprochen freundlich und die Stimmung zwischen Wanderern und Mountainbikern in der Standseilbahn ist sehr nett und zuvorkommend, ist das diese entspannte Schweizer Mentalität von der immer alle reden?
Am Weissfluhjoch angekommen folgen wir unauffällig den anderen Mountainbikern über die Skipiste hinab, was sich schnell als ziemlich matschige und rutschige Angelegenheit entpuppt, denn leider hatte es in der Woche zuvor in der Höhe bereits geschneit. Nach einem kurzen Stück über alte Militärpfade erreichen wir den Strelapass von wo aus unser mittägliches Sportprogramm starten sollte.
Das Ziel für den Vormittag lautet nämlich der Chörbsch Horn Trail. Bevor wir aber das erste Mal so richtig in Trailgenuss kommen können, müssen noch rund fünf Kilometer und 300 Höhenmeter bergauf fahrend bzw. aufgrund der widrigen Trailbedingungen schiebend bewältigt werden, jedoch entschädigen die warmen Temperaturen und die atemberaubende Aussicht für die durchnässten Bikeschuhe.
Oben angekommen heißt es erst einmal Kraftreserven auftanken, Schuhe trocknen und bereit machen für die Abfahrt, denn die hat es sich in sich. Knapp 1000 Tiefenmeter feinster alpiner Singletrail erstrecken sich über sechs Kilometer vor uns und warten nur darauf endlich unter die Stollen genommen zu werden.
Am Anfang noch recht natürlich in schärferen Spitzkehren, wird der Trail von Kilometer zu Kilometer immer flowiger und schneller. Das besonderen an den Singletrails in der Schweiz ist aber, dass diese gemeinsam von Wanderern und Bikern genutzt werden und mit dem nötigen Respekt klappt das hervorragend.
Aber nicht nur das Shared-Trail Konzept macht die Trails hier so einzigartig, sondern auch dass immer wieder kleinere Teile des Trails mit Anliegern und Sprüngen versehen sind, sodass der Trail Spaß für Biker noch mehr optimiert wird. Das gefällt uns!
In Ort Frauenkirch angekommen entschließen wir uns denn Tag am Rinerhorn fortzusetzen. Von Glaris aus geht es bequem per Gondel auf 2000 Meter über Null und nach einem kurzen Pedalierstück auf dem Forstweg gen Osten (war da nicht was mit Mekka?) erreichen wir den Rinerhorn Ridge Trail.
Anders als der sehr alpine Trail auf der anderen Talseite kommen hier Freunde des gepflegten Waldfahrens auf ihre Kosten. Wurzeln und Stufen wohin das Auge reicht und die etwas schmierigen Bedingungen machen den Trail extrem interessant zu fahren, bevor dieser im mittleren Teil kurz auf einen alten Karrenweg mündet.
Hier ist aber Aufmerksamkeit gefragt, denn stumpfes Geballer führt schnell zum Verpassen der Abzweigung auf den unteren Teil des Singletrails und so heißt es auch für uns umdrehen und schieben. Jedoch lohnt sich der zweite Teil extrem, denn es geht meist flach am Hang entlang und laute Freudenausdrücke lassen vermuten, dass alle hier mindestens genau so viel Spaß haben, wie die Kinder im IKEA Bälleparadies.
Zurück auf der Straße am Talboden geht es im Abendlicht retour über den Radweg nach Davos-Dorf. Dort angekommen verrät ein schneller Blick auf die Uhr, dass die letzte Gondel des Tages in zwei Minuten fährt. Am Gondelhäuschen eingetroffen sind die Türen bereits verschlossen, aber der nette Liftwart öffnet für uns noch schnell die Tore und so stehen wir auf einmal in einer Massengondel voll mit Mountainbikern, die sich zum freitäglichen Sunsetride getroffen haben.
Die Gondel ist in bester Tetrismanier voll mit sündhaft teuren Bikes und oben angelangt fängt die Sonne langsam an, an Kraft zu verlieren und hinter den Bergen im Westen zu verschwinden. Schnell werden die Jacken übergestreift und die letzte Abfahrt des Tages über den Brämbüel Trail steht an.
Leider müssen wir nach den ersten Metern feststellen, dass der Schnee auf dem Trail uns einen Strich durch die Rechnung macht. Das schattseitige Mittelstück ist daher mehr eine Rutschpartie als Fahrgenuss, dafür entschädigen die anderen Teile mit feinstem alpinem Terrain. Stufen, Felsen und loses Geröll wohin das Auge reicht, bevor der Trail dann in den Jakobshorn Flowtrail mündet. Hier heißt es Flugmeilen sammeln, denn der Trail ist gespickt mit Rollern und Doubles und macht einen Höllenspaß.
Im Dorf angekommen suchen wir unser Bikehotel auf und lassen den Abend mit Sauna für die müden Beine und feinsten Schweizer Spezialitäten für den Gaumen ausklingen.
Tag 2 – Auf geheimen Pfaden in Klosters
Der zweite Tag in Davos beginnt, wie soll es anders sein, bei Sonnenschein und einem guten Frühstück. Nachdem die müden Körper gestärkt sind treffen wir uns um Punkt neun Uhr (okay, natürlich waren wir 10 Minuten zu spät) mit unserem Guide Martin in der Bike Academy am Davoser Bahnhof. Martin wurde uns freundlicherweise vom TVB gestellt und soll uns einige nicht so bekannte Trails in der Region zeigen. Hätte er vorher gewusst worauf er sich einlässt, hätte er sich vermutlich den Tag frei genommen…
Martin, ganz Guide, pedaliert stramm los und wir haben kurz Mühe dran zu bleiben. Nach rund 10 Minuten im Sprinttempo erreichen wir die Passhöhe des Wolfgangpasses wo der erste Trail des Tages startet.
Ein wunderschöner Flowtrail, wie aus dem Trailbauer Lehrbuch. Zunächst durch einen lichten Wald und dann auf offenen Wiesen schlängelt sich der Trail in Richtung Klosters und verliert dabei kaum Höhenmeter. Auch hier gilt das Shared-Trail Prinzip, aber diesmal sind es keine Wanderer mit denen wir uns den Trail teilen, sondern feinstes Schweizer Weidevieh.
Bereits die erste Abfahrt hat Lust auf mehr gemacht und Martin hat verstanden, dass wir uns zwar anhören wie die deutschesten Deutschen, dafür aber ganz passabel auf dem Vélo unterwegs sind. Im örtlichen Coop wird schnell noch der Proviant für den Tag eingekauft, Nussstängli dürfen natürlich nicht fehlen, bevor es dann mit der Gotschnagratbahn auf knapp 2300 Meter geht.
Oben angekommen müssen wir kurz innehalten, denn das Panorama an diesem Herbsttag ist einfach überwältigend. Jedoch hat Martin Lust auf Radfahren und zeigt uns einen seiner Lieblingstrails hinunter zum Gotschnaboden, welcher letztes Jahr Teil des Enduro2 Endurorennens war.
Schmal, steil, schnell sind die Attribute, die den Trail am besten beschreiben jedoch dabei immer noch flowig und mit Genuss zu fahren. Man sollte sich aber bei dem Panorama nicht zu sehr ablenken lassen, denn Unachtsamkeit wird hier schnell mit einem Abflug in die Almrosen quittiert.
Der Trail führt uns zurück zum Gotschnaboden, der Mittelstation der Massengondel, von wo aus der gebaute Gotschna-Freeride Trail startet. Ein typischer Bikepark Trail mit Anliegern, Sprüngen und diversen Northshore Elementen. Da Martin von unseren ständigen Fotostops gelangweilt zu sein scheint, beschließen wir kurzerhand einen kleinen Chinese Downhill auszutragen. Martin verliert.
Zurück in Klosters entscheiden wir die andere Talseite zu erkunden und nehmen die Gondel auf die Madrisa. Bevor es aber weiter geht müssen wir unserem Guide versprechen, dass wir die Trails nicht erwähnen, denn diese scheinen noch ein gut behütetes Geheimnis zu sein. Also falls ihr gerne auf Trails unterwegs seid, die etwas abseits des Bekannten liegen, können wir euch nur empfehlen gönnt euch einen Guide in der Bike Academy! Nur so viel vorweg: feinste verblockte Trails mit all möglichen natürlichen Features lassen unsere Herzen höher schlagen!
Angekommen in Klosters-Dorf nehmen wir ganz klischeehaft die SBB zurück nach Klosters-Platz und von dort aus geht es erneut mit der Gotschnabahn auf den Grat. Diesmal biegen wir aber auf den Signal Trail ein, welcher zu den anspruchsvollsten der Region zählt.
Große, lose Steine, feines Geröll, hohe Stufen und eine ordentliche Steilheit lassen die Abfahrt zum sprichwörtlichen Ritt auf der Kanonenkugel werden. Unten angekommen sind wir froh den Ritt überlebt zu haben, aber eigentlich wollen wir direkt noch mal hoch. Doch über den Laufe des Tages hat sich das Wetter etwas verschlechtert und es fängt leicht an zu regnen. Daher entschließen wir uns eine weitere Stage der Enduro2 zu fahren, zurück zum Wolfgangpass. Aber die hat es noch einmal in sich. Ein Auf und Ab fordert unsere letzten Kräfte und zurück am Wolfgangpass sind wir froh den Tag beenden zu können.
An dieser Stelle ein großes Dankeschön an die Bike Academy Davos und Martin für die Unterstützung an diesem sehr abwechslungsreichen Tag!
Tag 3 – Ist episch immer besser?
Martin hatte uns für den nächsten Tag mit den Worten, „müsst ihr unbedingt gefahren sein“, den von der IMBA zertifizierten Alps Epic Trail empfohlen und somit war die Tagesbeschäftigung schnell gefunden. Die Eckdaten klangen mit 35 Kilometern, 2000 Tiefenmeter, 700 Höhenmetern und rund 80% Singletrail Anteil mehr als vielversprechend, vor allem wenn der Trail episch im Namen trägt?!
Bequem geht es per Gondel erneut aufs Jakobshorn und nach einer kurzen Abfahrt und einem kleinen Gegenanstieg beginnt die Trailhatz an einem kleinen Speicherteig. Der Trail startet zunächst mit einem langen Abschnitt aus verblockten Steinplatten. Hier sind die richtige Technik und Schwung mitnehmen angesagt, ansonsten bremst einen das Gelände gnadenlos aus. Hat man aber einmal den richtigen Flow gefunden kommt der Trail der Beschreibung episch schon sehr nahe.
Im mittleren und unteren Teil des ersten Abschnitts ändert der Trail dann seinen Charakter und wird mit gebauten Anliegern und weiten Kurven sehr schnell zu fahren. Am Talboden angekommen haben alle von uns ein dickes Grinsen im Gesicht und wir hoffen das es so weiter geht…
Um weiter auf dem Epic Trail zu bleiben kann man nun von hier aus auf das Rinerhorn pedalieren oder man nimmt ganz faul die Bahn. Wir entscheiden uns natürlich für letzteres. Am Rinerhorn angekommen zeigt der Trail zunächst wieder abwärts bevor jedoch der spannende Teil beginnt.
Bei genauerer Betrachtung des Höhenprofils fällt nämlich auf, dass der Epic Trail im zweiten Abschnitt eigentlich die ganze Zeit am Hang entlang verläuft und somit auch einige Gegenanstiege beinhaltet. Zunächst macht dieses Auf und Ab noch Spaß, jedoch entpuppt sich das ganze aufgrund der riesigen Wurzelfelder als sehr kraftraubende Aktion und die anfänglich gute Laune weicht immer mehr Frustration.
Es gibt nicht viele Momente in den man sich ein E-Bike wünscht oder zumindest ein Bike mit weniger Federweg, doch wäre man hiermit auf dem Trail besser aufgehoben, als mit dem Enduro.
Nach rund 50% der Gesamtstrecke ist die Frustration so groß geworden, dass wir den Trail im schönen Bergdorf Monstein verlassen und hinab ins Tal fahren. Praktischerweise befindet sich auch hier ein Bahnhof, sodass wir die 20km zurück nach Davos nicht auch noch aus eigener Kraft bestreiten müssen.
Da uns der erste Abschnitt so extrem gut gefallen hat, beschließen wir spontan noch ein weiteres Mal die Gondel auf das Jakobshorn zu nehmen und uns mit einer schnellen Abfahrt auf dem ersten Teil des Epic Trails zu belohnen.
Unser Fazit zum Alps Epic Trail: Episch? Teilweise! Wer auf konditionell fordernde Trails mit Singletrail Uphills steht ist hier genau richtig, allen anderen würden wir für die gesamte Strecke ein E-Bike empfehlen oder nur den ersten Teil!
Fazit
Geläutert kehren wir von unserer Pilgerreise ins Trail Mekka der Alpen zurück und müssen zugeben, dass die Region Davos-Klosters nicht nur mit leeren Werbeversprechen um sich wirft, sondern in Sachen Singletrails die Nase ganz weit vorne hat. Hier fühlt man sich als Mountainbiker einfach willkommen und die Trails bieten eine enorme Vielseitigkeit, sodass für jede Könnerstufe etwas dabei ist. Sollte man sich in Sachen Fahrtechnik noch nicht ganz sicher sein, empfehlen wir eventuell einen Guide, denn einige der Trails können sich entgegen der Mountainbikekarten schnell als sehr fordernd herausstellen. Außerdem relativieren die guten Bikehotel Angebote, wo man für eine Übernachtung bereits zwei Tageskarten für die Bergbahnen bekommt, die für uns Rest Europäer recht hohen sonstigen Kosten in der Schweiz.
Alle weiteren Informationen zu der Bikeregion Davos-Klosters findet ihr unter folgendem Link:
https://www.davos.ch/sommer/aktivitaeten/bike/mountainbike/
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