MTB – Val Gardena
Dolomitenpanorama Deluxe
Das Val Gardena
Die Dolomiten, seit 2009 UNESCO Weltnaturerbe, mit mehr als 50 3000er und einer wirklich faszinierenden Berglandschaft, zählen zu einer der beliebtesten Aktivurlaubsregionen.
Das Val Gardena liegt Mittendrin, umgeben von den Geislerspitzen, der Puezgruppe, der Sellagruppe und der Langkofelgruppe, welche manch einer als die malerischsten und abwechslungsreichsten Bergketten der gesamten Dolomiten bezeichnet. Nachdem wir schon viel in Südtirol unterwegs waren und das hiesige Trail Angebot und natürlich die Dolce Vita sehr genießen, konnten wir uns dieses Tal natürlich nicht entgehen lassen. Also haben wir uns auf den Weg gemacht um die Region zu erkunden.
Die Anreise
Von Innsbruck aus ist das Val Gardena nur einen Katzensprung entfernt, wenn man nicht wie wir an der Ausfahrt vorbeifährt. Einmal über den Brenner an Brixen vorbei die Autobahnausfahrt Klausen – Gröden nehmen und dann dem Val Gardena Richtung Osten folgen. Nach 1:45h erreicht man normalerweise den Ort Wolkenstein am hinteren Ende des Tals. Für uns hat es aufgrund von einem ungewollten Abstecher nach Bozen nochmal eine Stunde länger gedauert.
Tag 1 – Sella Ronda
Für den ersten Tag hatten wir uns die Umrundung der Sellagruppe vorgenommen, eine sehr beliebte Radrunde, sowohl bei Mountainbikern als auch bei Rennradfahrern. Was diese Begeisterung ausmacht wollten wir uns mit eigenen Augen anschauen.
Hierfür haben wir uns einen Guide der lokalen MTB Schule organisiert, um den Trail Anteil zu maximieren und vielleicht den ein oder anderen Schleichweg abseits der Hauptroute gezeigt zu bekommen.
Für die Umrundung des Sellamassivs gibt es zwei Varianten, im oder gegen den Uhrzeigersinn. Wir haben uns für die Variante im Uhrzeigersinn entschieden, die zwar etwas länger (58km), dafür mit weniger Höhenmetern bergauf (330hm) und mit größerem Trail Anteil ausgeschrieben ist.
Gestartet sind wir in Wolkenstein im Val Gardena. Mit der Bahn ging es hoch auf die Dantercepies um von dort einen einfachen gebauten Flowtrail bis ans Grödner Joch und dann weiter über einen Shared Trail bis nach Kolfuschg zu fahren. Beide Trails sind relativ breit und auch für absolute Anfänger geeignet. Die Ausschilderung mit S2 ist unserer Meinung nach übertrieben, S0-S1 wäre passender.
Von Corvara in Alta Badia geht es dann mit zwei Liften bis zum Braia Fraida, von dort über eine Forststraße auf dem Bergrücken mit einigen steilen Anstiegen bis zum Refugio Pralongia. Hier beginnt der „Trail“. Ein ca. 1m breiter, gut ausgebauter Weg führt auf und ab mit einigen Wendungen bis zum Campolongo – Pass. Auch dieser Trail ist gut für Anfänger geeignet da er weder ausgesetzt ist noch technisch schwierige Stellen aufweist. Konditionell könnte er etwas fordern, da einige Zwischenanstiege Kraft rauben. Uns hat er landschaftlich sehr gut gefallen, aber unsere Erwartungen an einen Trail leider nicht erfüllt, sondern eher an einen Forstweg erinnert.
Mit dem Sessellift geht es dann von dem Campolongo – Pass rauf zum Bec de Roces. Von hier bis nach Arabba führt wieder ein Trail, dieses Mal können wir uns mit der Bezeichnung Trail anfreunden.
Der obere Teil ist ein gebauter Trail der zu viel Geschwindigkeit einlädt, im mittleren Teil wird der Weg natürlicher mit einigen Wurzeln und führt durch einen Wald. Der untere Teil ist wieder ein wenig schneller und führt auf schmalen Wegen über Wiesen bis kurz vor den Ort. Das letzte Stück ist dann wieder Forstweg auf dem man sich überlegen kann was man im Ort dann gerne schnabulieren möchte, denn jetzt ist circa die Hälfte der Umrundung geschafft, jedoch steht der spannende Part noch bevor.
Nachdem wir uns in Arabba mit leckerer Pasta und Espressi gestärkt hatten ging es weiter. Mit der Bahn rauf zum Portavescovo, über eine Forststraße runter nach Fodom und von dort wieder rauf zum Pordoijoch.
Hier beginnt, unserer Ansicht nach, der spaßigste Teil, endlich mal mit einem „richtigen Trail“. Der Infinity Trail führt abwechslungsreich bis nach Canazei. Gebaute Steilkurven, wurzelige und enge Abschnitte durch den Wald (sehr rutschig bei Regen) und schnelle Abschnitte mit losen Steinen lassen die Herzen von Trailliebhabern höherschlagen. Dieser Trail bereitet vor allem fortgeschrittenen Fahrern Freude. Auch weniger erfahrene Fahrer können den Großteil des Trails fahren, eventuell muss die ein oder andere Stelle geschoben werden. Die letzten Meter bis in den Ort führen wieder über einen Forstweg.
Weiter mit der Bahn geht es auf das Sellajoch und von dort zum Abschluss über eine breite Forststraße zurück bis nach Wolkenstein. Es gibt immer wieder Trailabschnitte die mitgenommen werden können z.B. der Family Trail, einem super easy Flowtrail der wie der Name schon sagt für die ganze Familie gemacht ist.
Unser Fazit: Die Sella Ronda ist eine schöne Crosscountry Tour mit einem wunderschönen Ausblick auf die Sella Gruppe. Wer ausgedehnte Touren mit ab und zu einem leichten Trail sucht, der sollte die Tour auf jeden Fall machen. Wer eher nach technisch ein wenig anspruchsvollen Trails sucht und nicht so gerne auf Forststraßen unterwegs ist, der sollte gleich nach Canazei fahren.
Tag 2 – auf eigene Faust im Val Gardena
Am zweiten Tag hab wir uns auf die Suche nach Single Trails gemacht – denn von der Sella Ronda wurde unser Trailhunger nicht gestillt – und wir wurden fündig.
Von Sankt Ulrich ging es mit der Raschötz Standseilbahn hinauf und von dort ca. 100hm weiter bergauf, einer Forststraße folgend. Diese führte uns vorbei bzw. über mehrere Pferdekoppeln, weswegen hin und wieder der Weg von einem neugierigen Tier blockiert wurde. Kein Problem, denn bei der Bergkulisse die es zu bewundern gab, konnten wir eh nicht schnell fahren.
Im ersten Teil des Trails konnte man dafür umso schneller fahren, denn er schlängelt sich schön flowig den Hang entlang, über Pferde- und Kuhweiden, ein wenig durch den Wald, immer an einem Bach entlang, der gelegentlich auf schmalen Holzbrücken gekreuzt wird.
Mit ein bisschen Geschwindigkeit, dem ein oder anderem Sprung und einem Lächeln im Gesicht kann man hier den galoppierenden Pferden auf der Weide definitiv die Show stehlen.
Im mittleren Teil wird der Trail steiler und deutlich schwieriger, denn der Weg führt über große Felsen oder viel loses Geröll. Nach wie vor mit einem Lächeln im Gesicht, aber deutlich langsamer können hier fortgeschrittene Fahrer vor allem bei Nässe ihr Geschick und Gleichgewichtssinn testen, denn dann wird es wirklich rutschig. Bei trockenen Bedingungen wird es vermutlich deutlich leichter, so dass auch weniger Erfahrene ihr Glück versuchen können. Einen Versuch ist es auf jeden Fall wert, denn es ist herausfordernd aber macht richtig Spaß!
Der unterste Teil führt dafür umso einfacher über eine Wiese und entlang eines gut ausgebauten Wanderwegs zurück nach Sankt Ulrich.
Da es sich hierbei um keinen offiziellen Trail handelt, werden wir keine genauen Daten veröffentlichen, aber wer eine Karte lesen kann, der findet den Weg sicherlich. Die Mühe lohnt sich, denn für uns war es der beste Trail!
Wer nicht so geübt im Karte lesen ist, lieber auf offiziellen MTB Strecken bleibt oder einfach noch einen Trail fahren will, so wie wir, kann die Freeride Ciampinoi Strecke in Wolkenstein fahren. Der gebaute Trail mit seinen Anliegerkurven, Northshore Elementen, Sprüngen und steilen Passagen lässt Freeride-Herzen höher fliegen. Wer nicht gerne fliegt, kann die Sprünge auch umfahren. Mit seinen knapp 3km Länge und 568m Höhendifferenz ist der Freeride Trail deutlich länger und auch schwieriger als die übrigen offiziellen Trails.
Für Anfänger ist der Trail eher nicht zu empfehlen, denn obwohl die Sprünge umfahren und enge Kurven geschoben werden können ist er teilweise sehr steil was sich wirklich nicht gut schieben lässt.
Nachdem es mehr oder weniger den ganzen Tag geregnet hatte, was die Trails nicht unbedingt einfacher und uns nicht trockener werden ließ, ging es für uns zurück in die Unterkunft zu einer warmen Dusche und gutem Essen.
Tag 3 – Canazei
An unserem letzten Tag wollten wir noch einmal die Trails in Canazei unter die Lupe nehmen, denn das was wir bei der Sella Ronda davon gesehen hatten gefiel uns ganz gut.
Mit dem Auto ging es rauf aufs Sellajoch vorbei an hunderten von fleißigen Rennradfahrern, die sich aus eigener Muskelkraft den Berg hinaufschoben – vorbildlich! Wir haben dann auch noch ein paar Höhenmeter (200hm) gemacht rüber zum Col Rodella. Unterhalb davon beginnt der Trail, den wir schon einmal auf seine Fahrbarkeit für das EWS Rennen getestet haben, welche eine Woche später dort ausgetragen wurde.
Wer nicht ganz schwindelfrei ist, der sollte seine Augen lieber auf dem Weg lassen und nicht nach rechts oder links runter schauen, denn zu Beginn schlängelt sich der Trail mit vielen Kurven und teilweise sehr steil entlang des Bergrückens. Der Trail führt größtenteils über Wiesenwege mit vereinzelten Steinen. Wenig später erreicht man einen Wald und der Weg wird wurzeliger aber immer noch überwiegt griffiger Waldboden. Eine abwechslungsreiche Kombination aus schnellen Passagen, engen Kurven, steilen Abschnitten und ein paar gebauten Drops machen den Trail für Fortgeschrittene wirklich spaßig zu fahren. Weniger geübte Fahrer werden nicht so sehr in den Flow kommen, da vor allem die engen Kurven immer wieder den Fahrfluss unterbrechen können. Mit etwas Zeit und Geduld ist der Trail für jeden machbar und lohnenswert.
Der Trail endet einige Höhenmeter über Canazei, die letzten Tiefenmeter haben wir auf dem unteren Teil des Infinity Trails zurückgelegt.
Nach einem Trail hatten wir natürlich noch nicht genug, deswegen ging es mit der Canazei – Pecol Bahn wieder rauf. Von hier aus kann man entweder sofort wieder bergab entlang der gebauten „Electric Line“ oder des „9.90“ zurück nach Canazei, mit der Bahn weiter rauf und die Bikeparkstrecke „Double U“ zurück zur Bergstation oder man tritt aus eigener Muskelkraft knapp 175hm die Passstraße hinauf, um dann einen natürlichen Singletrail zu fahren.
Nachdem die Bahn weiter hoch uns wegen zu viel Schnee nicht mitnehmen wollte und der „Double U“ nicht fertig geshaped war, ging es für uns weiter die Straße hinauf. Der Glühweintrail beginnt relativ breit (ca. 1,5m) mit losem Geröll und lädt zu viel Geschwindigkeit ein. Im mittleren Teil schlängelt sich der schmale Weg auf und ab am Hang entlang, über Waldboden mit einigen Wurzeln oder Steinen. Der letzte Teil wird dann deutlich steiler und auch technisch schwieriger mit Stufen, vielen Wurzeln und bei uns aufgrund der Wetterverhältnisse sehr viel Schlamm.
Am Ende des Trails kann man entweder wieder auf den Infinity Trail einsteigen und nach Canazei zurück oder die Straße entlang zurück zur Bergstation, um dann von dort einen der gebauten Trails zufahren.
Sowohl die Electric Line als auch der 9.90 beginnen sehr steil, werden zwar im Laufe des Trails flacher, aber bleiben aufgrund der vielen Wurzeln und einzelnen Northshore Elementen anspruchsvolle Trails. Geübte Fahrer werden hier viel Spaß haben.
Spitzkehren Könige und Königinnen können sich auf dem Wanderweg der die beiden Trails immer wieder kreuzt richtig austoben und die gesamten ca. 450hm im Zickzack ins Tal fahren.
Fazit
Landschaftlich ist das Val Gardena wunderschön und auch die Infrastruktur bietet eine hervorragende Basis für eine empfehlenswerte Mountainbike Destination. Allerdings merkt man deutlich, dass der Wandertourismus sehr am Boomen ist, während der Biketourismus, vor allem mit Fokus auf Endurobiker, noch in den Kinderschuhen steckt. Erste Strecken wurden bereits gebaut, welche aber größten Teils für Anfänger oder Familien geeignet sind und auch natürliche Trails sind vorhanden, jedoch sind nicht alle für Radfahrer erlaubt. Doch wie überall in Südtirol wird sich dafür eingesetzt, dass hier was passiert. Wir geben der Region noch ein wenig Zeit & schauen dann nochmal vorbei!
Info zur Region:
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