Kartenmaterial
In Sinaia sind die deutschen Buchhandlungen sehr zu empfehlen. Auch das Tourismus Büro gibt gute Auskunft über Agenturen.
In Sibiu bzw. Hermannstadt angekommen bezogen wir das Hostel, sind zum Kartengeschäft gegangen und haben erstmal Wanderkarten besorgt. Kartenstudium, „Schau, da geht eine Straße/Forstweg bis fast zum Talschluss, von dort aus kann man mindestens 3-4 Touren machen.“ Morgen nur schnell Essen für 5 Tage kaufen, reinfahren, Wildnis und Biken! Cool.
Der Abend mit Europareisenden, Amerikanern und Australiern wirft bei uns die Frage auf: Warum fährt man ausgerechnet nach Rumänien? Wegen einer Stadt, die seit 2007 Weltkulturerbe ist? Hm… oder doch der ganzheitliche Anspruch, von dem auf der Uni immer so viel erzählt wird. Man weiß es nicht!
Aus der Stadt in die Einsamkeit, zurück zu den Touristen auf der europaweit berühmten Trans-Făgăraș-Straße. Hier oben wollen wir also die nächste Woche Biken. Interessantes Gelände, der Geograph würde sagen hohe Relieffenergie hier. Da wir bereits am Vorabend beschlossen haben, dass wir das Ganze von der Südseite angehen wollen, heißt es wieder Autofahren. Zum Glück sind die Rumänen auf Bergstraßen eher passiv, was ihr Überholverhalten angeht.
Am Taleingang kam kurzer Zweifel ob unserer Pläne auf: Warnung vor Bären, Durchfahrtsverbot und Straßenverhältnisse, auf denen der durchschnittliche Almradler bereits absteigen würde. Zum Glück kam uns ein rumänisches Journalistenpaar entgegen, die uns auf Englisch zuerst sagten, Verbote interessieren dort niemanden und es sei kein Problem dort ein paar Tage zu campieren. Wenige Minuten später, vermutlich hatten sie unser Auto gesehen, rieten sie uns jedoch davon ab; der Weg sei mit unserem Auto nicht befahrbar.
Nach vier Stunden und beachtlichen 12 km wurde die Straße auch für unseren Ford Mondeo unfahrbar. Also zuerst mal zum Bach, die Getränke einkühlen und Holz für das Feuer besorgen.
Am nächsten Tag stand unsere erste Radtour auf dem Programm: 100 hm Radfahren, 1300 hm Tragen zum höchsten Punkt Rumäniens. Auf dem Weg durften wir das erste Mal Bekanntschaft mit rumänischen Schäfern und ihren „zu klein geratenen“ Bärenjägern machen. Die Hütetechnik dieser speziell ausgebildeten Hunde beeindruckte uns, bis die Angst kam. Geplant war über ein Tal aufzusteigen und über ein anderes abzufahren, da uns auf der Karte der Aufstieg „wegloser“ vorkam als der für die Abfahrt bestimmte Weg.
Am Gipfel angekommen wurden wir empfangen wie in den Alpen. In brockigem Englisch wurden wir gefragt, was wir denn mit unseren Fahrrädern hier oben im alpinen Gelände wollen. Es gibt hier doch keinen Radweg.
Aufgrund der fortgeschrittenen Tageszeit und der ungewissen Abfahrtsroute ging es nach kurzer Pause auch direkt weiter. Auf dem Weg lag noch Rumäniens Dritthöchster, den wir per kurzem Klettersteig erklommen und beobachtet von ungläubigen Zuschauern abfuhren.
Auf dem ersten Hochplateau angekommen führte uns das weglose Gelände über eine flowige Wiese, auf der wir abrupt angehalten wurden und uns kurz darauf von Hunden der Kategorie Wolf, Zähne fletschend eingekreist befanden. Nach einigen Minuten warf der Schäfer aus der nahegelegenen Hütte einen Blick auf uns, pfiff und verschwand wieder. Wir waren immer noch umzingelt. Nach einigen Minuten bewegte sich der Leitwolf – ach es waren ja Hunde – vorwärts und wir folgten ihm mit der kläffenden Meute im Rücken.
Der Rest der „Abfahrt“ war eine Mischung aus Viehgangeln, Weg und Fahrrad tragen. Erschöpft kamen wir in der Dämmerung am Auto an.
An den folgenden Tagen mussten wir feststellen, dass die Rumänen zwar fleißig Steine anmalen können, aber ein Wegenetz zu den zahlreichen Wegmarkierungen existierte leider nicht. Dennoch blieben wir 3 Nächte dort, bis unsere Vorräte (es war nicht das Essen…) zu Ende gingen. Wir nutzten den Schlechtwettertag mit starken Gewittern, um Richtung Osten zu fahren um unser Glück in der Region um Brasov zu versuchen.
Brasov stellte sich als Glücksgriff heraus: wir bekamen gutes Kartenmaterial sowie Tipps von Einheimischen und fuhren weiter nach Sinaia. Auf der Karte suchten wir uns ein „entlegenes“ Tal, in dem wir wieder im Auto schlafen konnten. Dort angekommen wurde uns klar, hier gibt es viel mehr Touristen als im Făgăraș. Wir fanden zwischen den Campermassen ein stilles Örtchen in Waldrandnähe. Rumänisches Campen besteht hier aus Generator, Flutlicht und Zaun. Wir waren verstört. Kaum war es dunkel, wussten wir warum – der Bär rannte zwischen den Zelten Richtung Waldrand. Nächste Aufgabe war natürlich – fotografiere den Bären.
Check!
Vorsichtshalber haben wir uns entschlossen nur mit halb geöffneter Heckklappe zu schlafen. Die Dämmerung brach gerade über das idyllische Tal herein, da wachten wir durch ein schmatzendes Summen auf – wir dachten zuerst an die Nachbarn. Doch dann sahen wir den Bären durch die offene Heckklappe, wie er sich mit seinen Jungen an unserem leeren Topf vergnügte. Als eines der Jungen in den Kofferraum klettern wollte, kam dann bei uns leichte Hektik auf. Gerade noch rechtzeitig schafften wir es, die Heckklappe zu schließen Durch Blitzen, Hupen und Pfeifen unserer rumänischen Nachbarn schafften wir es die Bären zu verjagen.
Am nächsten Morgen wurden wir direkt und auch etwas aufdringlich angesprochen ob wir denn ein Shuttle bräuchten. Billiger und schneller soll es sein. Wir waren demgegenüber doch etwas skeptisch. 10 min später saßen wir dann doch im Shuttlefahrzeug mit zwei Rumänen. Auf dem Hochplateau erschwerte der Nebel ganz gravierend die Orientierung, sodass wir direkt die Abfahrt suchten und unsere Gipfelpläne auf den nächsten Tag verschoben.
Endlich Fahrradfahren und Fahrspaß auf technischen bis flowigen Trails! So gefühlt war es das erste Mal Radfahren auf der Reise nach gut einer Woche.
Die kommende Nacht verbrachten wir auf Grund der bärigen Erfahrung in der Nacht zuvor auf dem Hochplateau und planten unsere nächste Tour dort. Unsere Pläne von Ruhe, Abgeschiedenheit und Entspannung wurden bereits beim Zubereiten des Essens durchkreuzt. Es stand schon wieder ein halbes Rudel Hunde um unser Auto. Dieses Mal saßen wir jedoch drin mit Film und heißer Suppe. Nehmt das! Ihr wilden Tiere!
Ein weiterer der 10 Gipfel über 2500m Höhe sollte am nächsten Tag von der Liste gestrichen werden, im Idealfall mit dem Vermerk: Schöne Trails, grandiose Landschaft, super Tag. Tatsächlich kam es genau so, inklusive einem entspannten Mittagsschlaf am Gipfel und einem Bad im Bergbach.
Nachdem wir zwei richtig gute Trails entdeckt hatten, war es an der Zeit für uns auch den Bikepark zu erkunden. Jedoch stürzte Konstantin bereits in der ersten Abfahrt auf der Hälfte, sodass er nicht mal den gesamten Park erkunden konnte. Eine moderne Gondel bringt die Biker die 400 hm hinauf; hinunter geht es auf einem vielseitigen schnellen Kurs. Es gibt viele offene Sektionen, Sprünge und dazu auch gute chickenways. Auf der zweiten Abfahrt erhöhte ich das Tempo. Mehr ist ja bekanntlich immer besser. Fast! Auf der dritten Abfahrt habe ich einen Anlieger nicht mehr bekommen und hat Fichte dahinter beschlossen mein Tempo abzubauen. Schmerzhaft stellten wir beide am Auto fest „Tja, da hat uns der Bär doch noch erlegt“. (Der Trail trägt den Namen „Happy Bear Trail“).
Bevor wir uns auf den Heimweg machten, haben wir nochmal einen Abend in Brasov verbracht. Eine junge, authentische und teilweise recht hippe Kleinstadt in der Nähe zu einem tollen Bikerevier. Die Region sei jedem empfohlen, der mal abseits der Alpen biken gehen möchte, dabei aber nicht unbedingt um die halbe Welt Reisen will.
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