Wochenende rund ums Stilfser Joch
Alpines Enduroparadies
3:45 Uhr, der Wecker klingelt. Alle drehen sich um und schlafen weiter… natürlich nicht! Immerhin wartet der Sonnenaufgang am Gipfel des Piz Umbrail auf uns.
Noch in absoluter Finsternis packen wir in Santa Maria unsere Räder auf das Shuttle, dass uns die ersten 1500 Höhenmeter über die Passstraße dem Gipfel näher bringt. Die letzten 500 Höhenmeter müssen wir mit eigener Muskelkraft bewältigen, teilweise das Rad schiebend, teilweise tragend.
Während sich der Himmel langsam aufhellt und die Silhouetten der umliegenden Berge durch die ersten Sonnenstrahlen in tief-oranges Licht getaucht werden, quälen wir uns über Wiesen, Geröllfelder und kurze Kletterpassagen dem Gipfel entgegen.
Oben angekommen lösen sich jeder Zweifel, ob sich die Quälerei am frühen Morgen gelohnt hat, sofort in Luft auf. Der Ausblick ist wunderschön und pünktlich um 6 Uhr lugt die Sonne über den Horizont.
Nach einem kleinen Gipfelfrühstück zur Stärkung geht es über den 11km langen Trail die 2000 Tiefenmeter zurück ins Tal.
Der Trail schlängelt sich durch hochalpines Gelände, am „Lai del Rims“ und verschiedenen kleineren Flüssen vorbei. Stets begleitet von dem beeindruckenden Panorama der Münstertaler Alpen.
Mit wenigen steilen Passagen, dafür aber umso mehr losem Geröll bereitet der Trail vor allem etwas geübteren Fahrern viel Spaß. Für manch einen Anfänger könnte der lose, steinige Untergrund zum Verhängnis werden. Im unteren Teil wechselt der Trail dann seinen Charakter. Mit Steinen durchsetzter Waldboden dominiert nun den Untergrund und gibt dem Trail eine spielerische, spaßige Gestalt und lädt zu ordentlich Tempo ein.
2,5 Stunden später gibt es zurück am Auto erst nochmal ein kurzen Powernap und ein zweites Frühstück bevor wir zur 2. Tour des heutigen Tages starten.
Stilfser Joch – Piz Umbrail – Bormio
Als zweiter Tagesordnungspunkt stand ein Trail vom Stilfser Joch nach Bormio auf dem Programm.
Die ersten 1500hm haben wir mithilfe des Postbusses, der einmal am Tag von Bormio aus aufs Joch fährt, zurückgelegt.
Der Startpunkt der Tour ist oberhalb des Passo Stelvio, unterhalb des Refugio Garibaldi (Garbaldi Express Trail). Von dort geht es über mehrere Spitzkehren auf einem alten, breiten Militärpfad mit nur wenig Schwierigkeit bis zum Umbrailpass hinab. Dort angekommen wartet dann ein Uphill entlang der Rückseite des Piz Umbrail zum gegenüber liegenden Bergkamm auf uns. Der Anstieg lässt sich bis auf wenige Höhenmeter vor dem Joch komplett fahren bzw. schieben sollte es für manch einen zu steil werden.
Wer auf der Suche nach einem schmalen hochalpinen Trail ist, der sollte sich für eine alternative Route entscheiden, denn vom Kamm schlängelt sich der Weg größtenteils mit Forstwegbreite durch das Tal. Die letzten Meter bis nach Bormio müssen über die Passstraße zurück gelegt werden.
Trotz seiner Breite kann auch dieser Weg für manch einen herausfordernd sein. Das lose Geröll und die spitzen Steine fordern den sicheren Umgang mit unter- bzw. übersteuernden Rädern und es empfiehlt sich das Tempo stellenweise etwas rauszunehmen, auch wenn der Trail zu Gegenteiligem einlädt.
Bei uns haben die Weggegebenheiten zu dem ein oder anderen technischen Defekt geführt. Man sollte also stets an Flickzeug denken und sich etwas Kraft zum Pumpen aufsparen.
Bormio 3000
Mit der Gondel geht es bequem von Bormio rauf auf 3012 Meter über dem Meer. Hier beginnt der Bormio 3000 Trail und von dort geht es dann über 16km, insgesamt 1600 Tiefenmeter und 350 Höhenmeter nach Santa Catharina. Der flowige Trail schlängelt sich vorbei an Bergseen, über Flussläufe und mit einem atemberaubenden Bergpanorama den Hang entlang.
Zu Beginn führt der Trail über einen gerölligen Abhang aus schiefrigen Gestein. Anschießend wechselt der Untergrund hin zu mit Steinen durchsetzen, schmalen Wiesenwegen. Ab und zu bringen Steinfelder neue Herausforderungen mit sich. Durch den Wechsel der verschiedenen Untergründe bleibt der Trail über die gesamte Strecke abwechslungsreich und schön zu fahren.
Durch seine flowige, spielerische Gestalt ist der Trail für Anfänger geeignet. Technische Zwischenstücke bereiten aber insbesondere fortgeschritten Fahrern mit einer guten Fahrtechnik viel Freude. Auf jeden Fall sollten die 16km Trail nicht unterschätzt werden und eine gewissen Grundausdauer sollte vorhanden sein.
Ponti Tibetani Trail (Santa Caterina)
Mit dem Shuttle geht es von Santa Catharina aus hoch in den Nationalpark Stilfser-Joch. Rund 800 Höhenmeter später erreichen wir das Rifugio Cesare Branca von wo aus der Trail startet. Der Weg führt zunächst mit leichtem Gefälle am Hang entlang, bevor es dann gilt eine Steilstufe zu überwinden und die wenigen restlichen Meter zu Fuß bis zum Gletscher zu bewältigen.
Von hier aus zeigt der Trail dann nur noch in eine Richtung, nämlich abwärts. Der Weg besticht hierbei durch seine Vielseitigkeit. Am Anfang geht es steil und verblockt über Slickrocks bergab bis zur ersten Weggablung an der man, dem Fluss folgend, ins Tal abbiegen sollte denn nun folgt der spaßige Teil.
Zahlreiche Spitzkehren, welche aber alle fahrbar sind, fordern einerseits etwas technisches Geschick, sorgen andererseits jedoch für die nötige Abwechslung in dem sehr flowigen und nur mäßig steilen Teil des Trails. Acht geben sollte man nur auf die größeren Steinfelder die teilweise sehr rutschig sein können.
Der letzte Teil lädt dann zum Vollgas fahren ein. Mit nur wenig Gefälle schlängelt der Trail sich über Bäche und Kuppen und sollte kein Wanderer in Sicht sein, darf man hier auch schon mal das Vorderrad anlupfen. Das Ende ist dann mit Erreichen des Rifugio Forni in Sicht.
Dort angekommen sollte man sich ein kleiner Einkehrschwung bei wunderbarem italienischem Essen gönnen. Mit gestärkten Bäuchen und neuer Energie empfehlen wir für den Rückweg nach Santa Caterina, den nur wenige Höhenmeter oberhalb der Hütte liegenden “Abes-Trail”.
Zu empfehlen ist diese Tour besonders am Abend oder unter der Woche, da ansonsten sehr viele Wanderer auf den Wegen unterwegs sein können und den Ausflug möglicherweise ziemlich entschleunigen. Wer eine spannende Offroaderfahrung mit Anhänger machen möchte und den recht langen Weg zum Rifugio Branca nicht aus eigener Kraft meistern will oder kann, sollte sich auf den jeden Fall ein Shuttlefahrt mit dem kultigen Land Rover Defender gönnen.
Fazit
Nach drei Tagen in der Region rund um Bormio und das Stilfser Joch lautet unser Fazit, dass diese für erfahrene Mountainbiker bedingungslos zu empfehlen ist. Die Trails zählen vielleicht nicht zu den anspruchsvollsten in den Alpen, jedoch besticht die Region besonders durch die Länge ebendieser und die atemberaubenden Panoramen. Daher ist besonders eine gute Ausdauer gefragt, wenn man viele unterschiedliche Wege fahren möchte, denn von diesen sogenannten “Supertrails” gibt es dort zahlreiche. Um den Rahmen nicht zu sprengen haben wir hier nur drei Möglichkeiten vorgestellt, aber es lohnt sich definitiv weitere Trails zu befahren (Weitere Tipps gibt es gerne per Nachricht).
Hinterlasse einen Kommentar
An der Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns deinen Kommentar!