Val Maira – MTB im schwarzen Loch Europas?
Die Westalpen sind in der Enduro Szene durchaus bekannt. Finale Ligurien ist für viele ein beliebtes Ziel, die Gegend um Les Orres ist durch die diesjährige EWS im Gedächtnis und das Aostatal ist sowieso für seine Schönheit bekannt. Doch was ist zwischen diesen „berühmten Orten“?
Südwestlich von Turin, ca. auf der Höhe von Les Orres liegt das Val Maira, MTB in einem Tal mit Dead-End auf italienischer Seite.
In unsere Recherche wurde das Valle Maira immer wieder als das „schwarzen Loch Europas“ bezeichnet, das es stark mit der Abwanderung der Bevölkerung zu kämpfen habe und ganze Dörfer verlassen sein sollten. Auch das in Kriegszeiten gut ausgebaute Wegenetz wurde erwähnt.
Für uns klang das wie der perfekte Ort zum Mountainbiken. Viele Wege bis hinauf auf die Gipfel der Berge, wenige Leute und ein bisschen Abenteuer. Also haben wir unsere Sachen gepackt und sind ins Valle Maira gefahren.
Dort angekommen mussten wir feststellen, dass das Loch gar nicht so schwarz ist wie wir es erwartet hatten. In jedem Ort war ca. die Hälfe der Häuser frisch renoviert, hatten aber nichts von ihrem ursprünglichen Charme verloren. Auch die Mountainbikekarte aus der Touristeninfo sah nicht aus, als wären wir die Ersten die auf die Idee kamen hier Biken zu gehen.
Obwohl wir nicht die Ersten waren, haben wir uns die Region angeschaut und für euch einen Spotcheck gemacht.
Colletto Serasin
Ausgangspunkt unserer ersten Tour ist der Ort Prazzo inferiore, von hier aus ging es rauf zum Coletto Serasin zwischen dem Punta Coulour und R.ca di Ciarm.
Die ersten Kilometer geht es entlang der Straße ca. 400hm das Tal hinauf bis nach Villaro. Die wenig befahrene Straße führt durch idyllische Örtchen mit Blumenkästen vor den Fenstern, Bänken vor den Häusern für die zeitunglesenden Bewohner und bunten Marktständen auf dem Hauptplatz.
Anschließend geht es von der Hauptstraße ab, eine schmale steile aber durchgehend geteerte Straße den Hang hinauf. Für ca. 200hm führt die Straße durch einen leichten Wald und immer wieder vorbei an einzelnen Häusern.
Nachdem man über eine Brücke das Vallone Traversiera kreuzt ändert sich die Wegbeschaffenheit und aus der Straße wird eine noch steilere Forststraße mit vielen großen losen Steinen und ausgewaschenen Wasserläufen. Auch die Umgebung ändert sich, der Wald wird lichter und mach den Weg frei für tolle Ausblicke hinab ins Valle Maira und auf die umliegenden Berge.
Die letzten 200hm ab den mit Kuhglocken geschmückten Hütten bis zum Col muss das Rad geschoben oder getragen werden. Vorbei an weidenden Kühen und Pferden geht es einen schmalen Wiesenpfad hinauf.
Hinab geht es auf der Rückseite des Colletta Serasin zuerst über Wiesenwege ohne große Schwierigkeiten, allerdings teilweise recht steil, bis zu einem Wäldchen. Hier wird der Weg wurzliger und die ein oder andere Spitzkehre erschweren den Weg. Auch die kurzen Zwischenanstiege fordern den Flow heraus.
Nachdem der Wald sich gelichtet hat wird der Weg etwas breiter und kleiner Schotter und Steine charakterisieren den Weg bis zu eine kleinen Häuseransammlung. Hier wurden wir von einem netten Herrn zu einem Gläschen Wein vor seinem mit Tibet Fähnchen geschmückten Wohnwagen eingeladen. Aufgrund der vorangeschrittenen Uhrzeit, der herannahenden Gewitterfront und natürlich dem Sicherheitsaspekt für die weiter Tour mussten wir dieses Angebot leider ablehnen.
Ab hier führt der Trail über einen Hohlweg mit einigen Stufen, immer wieder spaßigen Passage die zu Geschwindigkeit einladen und dann wieder langsameren Abschnitten, in denen man sich und sein Rad um größere Steine herum balancieren muss.
Das Wegenetzt hier oben wurden zu Zeiten den 2. Weltkriegs großflächig ausgebaut, so kreuzen oder zweigen immer wieder andere Wege ab, die sich super idyllisch und sehr einladend zum Biken den Hang entlang winden.
Für uns endet dieser Trailabschnitt in dem Ort Ussolo direkt neben dem Dorfbrunnen. Hier werden wir freudig empfangen und angefeuert, eine ungewohnte Situation, denn in heimischen Gefilden werden Mountainbiker meist nicht so freudig empfangen. Immer wieder schön in Italien zu sein!
Die letzten Meter zurück ins Tal geht es über Short-Cuts zwischen den Serpentinen der Straße, teilweise recht zugewachsen aber noch gut fahrbar.
Alles in allem eine gelungene, konditionell fordernd aber fahrtechnisch nicht sehr anspruchsvolle Tour und wir waren rechtzeitig vor dem Gewitter zurück!
Passo della Gardetta
Am zweiten Tag wollten wir uns die Gardetta Hochebene anschauen, die uns im lokalen Bikeverleih / Shuttleservice / Campingplatz (CAMPKING – Sorgenti del Maira) empfohlen wurde. Wir haben dann auch gleich das Angebot genutzt und uns soweit wie möglich hoch shutteln lassen.
Hinauf ging es 1000hm zuerst auf ein breiten Straße bis hin zu sehr schmalen (ein Auto passt grad so drauf), sehr steilen und in vielen engen Serpentinen geschwungenen Sträßchen. Ich hätte kein Auto mit Anhänger dort hochfahren wollen.
Oben angekommen musste ich feststellen, dass andere wohl besser oder zumindest mutiger Autofahren als ich. So viele Defender, Landcruise, Range Rover, Fiat Panda 4×4 uva. mit Dachzelt und Aluboxen auf dem Dach und richtig breiten profilierten Reifen habe ich noch nie in Europa auf einem Haufen gesehen. Es scheint der „Place to be“ zu sein. Verständlich denn die Hochebene ist durchzogen von grobschotterigen Karrenwegen, bei denen der 4×4 Antrieb zu einem guten Einsatz kommt.
Abseits der Karrenwege führen zahllose Wanderwege auf umliegende Berge oder hinab ins Tal. Hier beginnt der Spaß für Mountainbiker und Wanderer!
Unser ursprünglicher Plan wurde von Mateo unserem Shuttlefahrer über den Haufen geworfen, denn „Wenn ihr hier seid, dann müsst ihr den Weg vom Col Gardetta bis nach Acceglio fahren!“ Das haben wir dann auch gemacht und es war eine wirklich gute Empfehlung!
Der Trail erwies sich als sehr vielseitig. Im obersten Abschnitt war der Weg breit (ca. 1m) und sandig, hier und da mal ein fester Stein. Im Anschluss wurden die Steine mehr und größer bis der Weg geröllig mit einem Mix aus losen und festen Steinen sich zwischen alten Bunkeranlagen hindurch zog. Im weiteren Verlauf wurden die Steine wieder weniger und machten schmalen Pfaden auf Wiesenboden platz.
Auch die Umgebung zeigte ein vielseitiges Landschaftsbild. Angefangen mit atemberaubender Fernsicht auf die umliegenden Berge, weiter durch mehr oder weniger bewohnte kleine Dörfchen und zwischendrin durch Waldabschnitte, entlang von Alleen oder über Wiesen. Alles war dabei!
Fahrtechnisch kann der Trail von allen gefahren werden, einzelne Schlüsselstellen fordern erfahrene Biker, können aber auch gut geschoben oder teilweise umfahren werden.
Alles in allem ein absolutes Allroundtalent!
Elva Tour
Heute ging es für uns auf den Elva Trail. Dieser Trail wird imTourismusverband Val Maira MTB am meisten beworben, deswegen mussten wir ihn uns natürlich mit eigenen Augen anschauen.
Hinauf ging es für uns mit dem eigenen Auto von Stroppo aus über eine kurvenreiche schmale Straße bis nach Elva, nichts für schwache Mägen.
Der erste Teil des Trails geht zunächst ohne große Schwierigkeiten relativ breit auf und ab am Hang entlang, ein klassischer Spirelli Trail wie er oft in dieser Region zu finden ist. Anschließend wird der Weg schmaler, steiler, gerölliger und kreuzt immer wieder die Straße. Mal geht es über Kuhweiden, mal durch ein Wäldchen bis man den Ort San Martino erreicht.
In diesem idyllischen Örtchen sollte man ein paar Minuten Zeit nehmen, denn mit seinen alten Häusern, den bunten Blumen und dem Brunnen lohnt es sich auf jeden Fall. Kulturmuffel müssen keine Angst haben, man ist schnell fertig, denn der Ort ist ganz klein.
Danach wird der Trail etwas schwieriger mit mehr losen Steinen, größeren Stufen und einigen Spitzkehren. Zuerst führt der Weg über freies Gelände und ermöglicht so nochmals einen Blick auf den Ort San Martino oder die Kirchen von Stroppo, den nächsten Ort und natürlich auf die umliegenden Berge. Das letzte Stück nach Stroppo führt durch einen Wald. Hier wird der Weg etwas weniger geröllig, Steilheit und Spitzkehren bleiben.
Von Stroppo führt das letzte Trailstück bis zum Tal über einen schmalen Wiesenweg am Hang entlang. Der Weg ist nicht schwierig, dennoch ist Vorsicht geboten, denn rechts geht es steil bergab und hin und wieder ist ein Stück des Weges weggebrochen, so dass man absteigen und sein Rad über das Loch heben muss. Alternativ kann das letzte Stück auf der Straße umfahren werden.
Die Elva Tour ist auf jeden Fall empfehlenswert, sowohl als Shuttle Tour oder natürlich auch selbst getreten. Auf dem Trail kommen erfahrenere Fahrer auf ihre Kosten, aber auch Anfänger können ihn fahren, wenn sie mit losem Geröll umgehen können.
Fazit:
Obwohl offensichtlich ist, dass der Tourismus in den letzten Jahren hier einiges vorangetrieben hat, steckt alles noch in den Kinderschuhen. Dennoch ist das Valle Maira ein sehr empfehlenswertes Urlaubsziel.
Die Trails sind schön natürlich und es gibt sicherlich noch viele mehr als die von uns getesteten, die Infrastruktur ist größtenteils ideal zum Shutteln aber man genauso gut bis kurz unterhalb des Gipfels treten. Und alles ist in ein wirklich schönes Panorama eingebettet.
Wir waren sicher nicht das letzte Mal hier!
Webseite Tourismusverband:
www.vallemaira.org/de/sport/mountain-bike/
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